Der neue Koalitionsvertrag in Auszügen

Christoph Heck • 9. April 2025

Der Koalitionsvertrag "Verantwortung für Deutschland" zwischen CDU/CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode

(Auszüg aus dem CDU/CSU/SPD-  Koalitionsvertrag v. April 2025 im Wortlaut):


"1449  Gewerbesteuer

Kommunen können ihre Gewerbesteuerhebesätze im Rahmen der rechtlichen Vorgaben selbst festlegen, was aufgrund des niedrigen Mindesthebesatzes zu kommunalen Steuersatzgefällen führt. Dies kann für Unternehmen Anreize bieten, lediglich vorzugeben, dass sie ihre Geschäftstätigkeit in einer Kommune mit einem niedrigen Gewerbesteuerhebesatz ausüben. Wir werden alle zur Verfügung stehenden administrativen Maßnahmen ergreifen, um derartigen Scheinsitzverlegungen in Gewerbesteuer-Oasen wirksam zu begegnen.


Der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz wird von 200 auf 280 Prozent erhöht.


( ... )


1463  Steuerlicher Querverbund
Wir passen den steuerlichen Rechtsrahmen für den Querverbund an, um den Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge dauerhaft zu sichern.


( ... )


1627  2. Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.


1637  7. Wir werden noch im Jahr 2025 eine Aufgaben- und Ausgabenkritik mit folgenden Schwerpunkten beginnen:
                 a) Alle Subventionen werden wir einer eingehenden Prüfung unterziehen.
                b) Wir wollen vor allem den Aufwuchs der konsumtiven Ausgabereste in den Einzelplänen wirksam eindämmen.
                c) Im Zuge von Digitalisierung und bei verstärktem Einsatz von Künstlicher Intelligenz gilt es mögliche Effizienzpotenziale 

                    zu heben.
                d) Wir wollen alle Förderprogramme auf ihre Zielgerichtetheit und Wirksamkeit hin überprüfen und die Förderkulisse 

                    insgesamt effektiver ausrichten.
                e) Wir werden das Zuwendungsrecht verschlanken und vereinheitlichen.
                f) Wir prüfen die Einführung eines ziel- und wirkungsorientierten Haushaltswesens.


( ... )


1648  Sondervermögen Infrastruktur


( ... )

Mit dem Errichtungsgesetz zum Sondervermögen werden wir klare Ziele und Investitionsfelder definieren, eine Erfolgskontrolle verknüpfen und wo möglich privates Kapital hebeln. Wir werden die Mittel im jährlichen Wirtschaftsplan sorgsam und umsichtig veranschlagen. Dabei ist für Länder und Kommunen, die einen Großteil der Investitionstätigkeit in Deutschland stemmen, ein Anteil von 100 Milliarden Euro vorgesehen. Weitere 100 Milliarden Euro werden schrittweise dem Klima- und Transformationsfonds zugeführt. Aus dem Bundesanteil des Sondervermögens werden in den Jahren 2025 bis 2029 Maßnahmen in Höhe von insgesamt rund 150 Milliarden Euro finanziert.


Um die dringend benötigten Investitionen mit den Mitteln des zeitlich befristeten Sondervermögens Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen schnell zu tätigen, werden wir die Möglichkeiten zur Beschleunigung von Planung und Genehmigung, Beschaffung und Vergabe der Infrastrukturprojekte aus dem Sondervermögen ausschöpfen.


1680   Haushaltskonsolidierung
Wir werden in dieser Legislaturperiode einen erheblichen Konsolidierungsbeitrag erbringen. Dieser besteht unter anderem aus:

 

  • Reduzierung aller sächlichen Verwaltungsausgaben aller Einzelpläne (Sicherheitsbehörden ausgenommen) mit dem Ziel eines Abbaus von zehn Prozent bis 2029; 
  • Stellenabbau in der Bundesverwaltung um acht Prozent (zwei Prozent/Jahr) (Ausnahme für Sicherheitsbehörden);
  • Reduzierung der Ausgaben für externe Berater in allen Einzelplänen; 
  • Halbierung der Beauftragten des Bundes; 
  • Einsparungen von insgesamt einer Milliarde Euro bei den Förderprogrammen im Bundeshaushalt insgesamt; 
  • Kürzung bei den freiwilligen Beiträgen zu internationalen Organisationen;
  • Einsparung bei der ODA-Quote; 
  • Straffung, Konzentrierung und Kürzung von Förderprogrammen im Klima- und Transformationsfonds; 
  • Einsparungen beim Bürgergeld durch eine reformbedingt und zu erwartende bessere Arbeitsmarktintegration.

 

1719  Verschlankung Förderwesen

( ... )

Wir sehen die Länder und Kommunen als Partner auf Augenhöhe. Als Zeichen der vertrauensvollen Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen werden wir die Förderbedingungen erheblich entbürokratisieren und die Mittel zweckbezogen verausgaben. Ausufernde Förderbestimmungen, Zweckverwendungsnachweise und weitere Formalitäten werden wir deutlich reduzieren. Wir werden daher mehr Fördermittel pauschal zuweisen. Die Länder und Kommunen sichern zu, dass die Mittel im Sinn des Förderzwecks verwendet werden. Der Grundsatz „so viel wie nötig und so wenig wie möglich“ ist hierbei für uns leitend.


1763   Bundesstaatlicher Finanzausgleich, kommunale Altschulden und AAÜG
Zur Lösung der kommunalen Altschuldenproblematik wird sich der Bund in dieser Legislatur mit 250 Millionen Euro pro Jahr an Maßnahmen der Länder, die ihre Kommunen durch eine landesseitige Übernahme übermäßiger Kassenkredite entlasten, finanziell zur Hälfte beteiligen. Der Bund wird für den gleichen Zeitraum die Geberländer im bundesstaatlichen Finanzausgleich um 400 Millionen Euro
pro Jahr entlasten. Diese Summe ist entsprechend des Anteils des jeweiligen Landes an den Gesamtnettozahlungen in den Finanzausgleich aufzuteilen und an dieses direkt zu leisten


1786  Staatsmodernisierung
Deutschland braucht eine echte Staatsreform. Grundlegende Strukturreformen sind eine Gelingensbedingung für den Erfolg unserer Regierung. Wir erarbeiten in 2025 eine ambitionierte Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung, durch die wir unter anderem die Bundesverwaltung ressortübergreifend modernisieren, einen Effizienzfonds einführen und unseren Staat insgesamt von den Bürgerinnen und Bürgern her denken. Dabei werden wir insbesondere Vorschläge der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ aufgreifen.


1793  Neues Leitbild für Regierung und Verwaltung.

Unsere Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sowie niedrigschwellig und nutzerfreundlich für alle erreichbar sein. Dazu wollen wir Verwaltungsleistungen digitalisieren und barrierefrei anbieten. Im Mittelpunkt stehen dabei stets die Menschen und Unternehmen, denen wir als Partner und Ermöglicher begegnen wollen. Dazu braucht es einen Mentalitätswechsel.


Digitale Verwaltung mit antraglosen Verfahren 

Verwaltungsprozesse müssen sich an Lebenslagen orientieren. Wir werden dabei zunehmend antragslos arbeiten. Etwa nach der Geburt eines Kindes sollen Eltern automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten. Die Verwaltungsmodernisierung von Sozialleistungen werden wir generell zur Blaupause machen. Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und „Digital-Only“:


Verwaltungsleistungen sollen unkompliziert digital über eine zentrale Plattform („One-Stop-Shop“) ermöglicht werden, das heißt ohne Behördengang oder Schriftform. Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität. Wir werden die EUDI-Wallet für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bereitstellen, mit der Identifikation, Authentifizierung und
Zahlungen ermöglicht werden. Wer den digitalen Weg nicht gehen will oder kann, erhält Hilfe vor Ort.

Für Unternehmen, Selbstständige und Vereine schaffen wir spezifische Zugänge. Etwa Unternehmensgründungen wollen wir innerhalb von 24 Stunden möglich machen. 


1810  Verwaltungskonsolidierung – Aufgabenkritik, Personaleinsparungen und Verwaltungsreform

Wir stellen behördenübergreifend Aufgaben, Institutionen und Behörden auf den Prüfstand. Durch eine gesteuerte Aufgaben- und Ausgabenkritik werden wir politische Prioritäten besser setzen und die Arbeit der Bundesverwaltung effizienter organisieren. Wir müssen und wollen mit weniger Personal gute Arbeit machen. Wir werden den Personalbestand in der Ministerial- und Bundestagsverwaltung sowie in bestimmten nachgeordneten Behörden bis zum Jahr 2029 um mindestens acht Prozent reduzieren. 


Das ausgeuferte Beauftragtenwesen des Bundes reduzieren wir um rund 50 Prozent. Im Rahmen einer ressortübergreifenden Verwaltungsreform wollen wir die Rekordanzahl von mittlerweile über 950 Bundesbehörden durch Zusammenlegungen und durch einen Abbau von Redundanzen reduzieren. Bundesressorts sollen sich auf ministerielle Aufgaben konzentrieren. Auch die ministerielle
Rechts- und Fachaufsicht wird modernisiert. Den Einsatz externer und kostenintensiver Berater werden wir durch bessere Steuerung auf das Minimum reduzieren.


1845 Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts

Das öffentliche Dienstrecht werden wir grundlegend reformieren. Die starren Einstiegs- und Qualifikationsvoraussetzungen für die Verwaltungslaufbahnen öffnen wir für andere Fachrichtungen und vereinfachen Laufbahnwechsel. Karrierewege und Vergütungsmodelle werden wir auf leistungsorientierte Komponenten, höhere Entscheidungsfreude und Beiträge zur Entbürokratisierung ausrichten, etwa durch Beurteilungskriterien wie „lösungsorientierte Vorgehensweise“ und „Ausschöpfung bestehender Beurteilungs- und Ermessensspielräume“. Dabei werden wir bei Führungspositionen behördenübergreifende oder verwaltungsexterne Erfahrungen stärker gewichten.


Wir werden die Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft verbessern. Wir führen innerhalb der Bundesverwaltung ein Verfahren zur Rotation von Personal zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der EU ein. Offeneres Datennutzungsverständnis der Verwaltung und Anwendung von KI.


Wir treten für ein offeneres und positiveres Datennutzungsverständnis ein. Wir wollen Daten zur strategischen Steuerung, Modellierung und Wirkungskontrolle bündeln und besser nutzen. Dazu stärken wir die Datenkompetenz und beseitigen bestehende Hindernisse. Verwaltungsprozesse werden wir automatisieren, beschleunigen und effizienter gestalten – insbesondere mit Künstlicher
Intelligenz. Den Zugang zu und die Verknüpfung von relevanten Daten stellen wir sicher.


1863   Ziel- und wirkungsorientiertes Haushaltswesen
Wir prüfen die Einführung eines ziel- und wirkungsorientierten Haushaltswesens.


1878   Experimentierklauseln stärken

Durch Öffnungs- und Experimentierklauseln in neuen und bestehenden Gesetzen sowie durch Reallabore und Abweichungsrechte werden wir die Innovationskraft Deutschlands fördern und unsere Gesetzgebung verbessern. Dies dient insbesondere der Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen. Zur Vorbereitung eines „Bundesexperimentiergesetzes“ wollen wir
unverzüglich nach Regierungsübernahme einen Ideenwettbewerb für Länder und Kommunen starten.


1884  Prozess einer Neuordnung der föderalen Beziehungen
Mit einem Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen werden wir die finanzielle Handlungsfähigkeit stärken und eine umfassende Aufgaben- und Kostenkritik vornehmen. Unabhängig von dieser Initiative wird der Bund im Bereich der Digitalisierung für ausgewählte Aufgaben mit hohem Standardisierungs- und Automatisierungspotenzial Vollzugsverantwortung übernehmen. Dafür werden wir in Abstimmung mit den Ländern eine Änderung von Art. 91c GG auf den Weg bringen, damit der Bund digitale Verwaltungsverfahren und Standards regeln und IT-Systeme errichten, betreiben und zur Mitnutzung zur Verfügung stellen kann.


1929   Infrastruktur-Zukunftsgesetz
Zusätzlich haben wir den Anspruch, die wichtigen Vorhaben aus dem Sondervermögen schnell umzusetzen und brauchen dazu Deutschlandtempo für all diese Vorhaben. Um die dringenden Investitionsbedarfe schnell mit den Mitteln des zeitlich befristeten Sondervermögens Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen zu befriedigen, sollen die Möglichkeiten zur Beschleunigung von Planung
und Genehmigung, Beschaffung und Vergabe der Infrastrukturprojekte aus dem Sondervermögen ausgeschöpft werden und in einem Infrastruktur-Zukunftsgesetz ambitioniert geregelt werden. Diese Vorhaben werden mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet und damit auch rechtlich priorisiert. 


Dabei sollen insbesondere die Beschleunigungsregelungen des LNG-Beschleunigungsgesetzes als Vorbild dienen und Ausnahmen auf europäischer Ebene im Sinne der EU-Notfallverordnung für beschleunigten Ausbau zur Nutzung Erneuerbarer Energien geschaffen werden.


Ferner prüfen wir, ob auch große Infrastrukturvorhaben außerhalb des Sondervermögens mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet werden können.


1964   Wir identifizieren Bürokratie
Wir richten ein digitales Bürokratieportal ein, über das bürokratische Hemmnisse und Verbesserungsvorschläge mitgeteilt werden können. Zudem führt jedes Bundesministerium mehrere Praxischecks pro Jahr durch. Im Austausch mit Ländern, Kommunen, Sozialversicherungsträgern und sonstigen Normsetzern (zum Beispiel Selbstverwaltungskörperschaften) werden wir konkrete
Vorschläge erarbeiten, um Bürokratie in (unter-)gesetzlichen Vorschriften auch jenseits der Bundesverwaltung zu reduzieren.


2058   Vereinfachung des Vergaberechts und strategisches Beschaffungsmanagement
Wir werden uns dafür einsetzen, das Vergaberecht auf nationaler und europäischer Ebene für Lieferungen und Leistungen aller Art für Bund, Länder und Kommunen zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren. Für uns gilt der Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe. Wir werden das Vergaberecht auf sein Ziel einer wirtschaftlichen, diskriminierungs- und
korruptionsfreien Beschaffung zurückführen. Wir schaffen sektorale Befreiungsmöglichkeiten vom Vergaberecht insbesondere in Fragen der nationalen Sicherheit und für Leitmärkte für emissionsarme Produkte in der Grundstoffindustrie mit einem Pionierfeld für die Deutsche Bahn. Wir streben für die Schwellenwerte für öffentliche Ausschreibungen im nationalen Recht eine Vereinheitlichung an und
wollen sie insbesondere für Direktvergaben und freihändige Vergaben heraufsetzen.


2068    Wertgrenzen Direktaufträge
Auf Bundesebene werden wir die Wertgrenze bei Direktaufträgen für Liefer- und Dienstleistungen auf 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung auf 100.000 Euro erhöhen. Auch auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine maßvolle Erhöhung der Schwellenwerte und für eine getrennte Betrachtung der Planungsleistungen ein.


2075   Öffentliches Beschaffungswesen
Das öffentliche Beschaffungswesen werden wir systematisch optimieren. Wir werden ein strategisches Beschaffungsmanagement implementieren. Behörden sollen künftig auf Rahmenverträge anderer öffentlicher Dienststellen und auf zentrale Einkaufsplattformen zurückgreifen dürfen. Die Bestellplattform des Bundes (Kaufhaus des Bundes) machen wir zu einem digitalen Marktplatz für Bund, Länder und Kommunen und konsolidieren die Vergabeplattformen. Auch den IT-Einkauf des Bundes wollen wir zentral strategisch steuern, um Abhängigkeiten von monopolistischen Anbietern zu reduzieren und den Digitalstandort Deutschland zu stärken. Bieter sollen ihre Eignung möglichst bürokratiearm, digital und mittelstandsfreundlich nachweisen können, etwa durch geprüfte Systeme oder Eigenerklärungen. Wir werden die Vergabe öffentlicher Aufträge beschleunigen, indem die aufschiebende Wirkung der Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Vergabekammern zu den Oberlandesgerichten entfällt.


2087  Once-Only – keine Mehrfacherhebung von Daten
Für uns gilt der „Once-Only“-Grundsatz. Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten gegenüber dem Staat nur einmal angeben müssen. Dafür etablieren wir ein grundsätzliches Doppelerhebungsverbot und Verpflichtungen zum Datenaustausch innerhalb der Verwaltung. Die Registermodernisierung werden wir vorantreiben, indem wir Bundesregister vernetzen und auf souveränen Cloudplattformen in Fortsetzung der Deutschen Verwaltungscloud-Strategie zentral vorhalten.


2094   Datenschutz entbürokratisieren
Wir reformieren die Datenschutzaufsicht und bündeln sie beim Bundesdatenschutzbeauftragten. Wir wollen unter Berücksichtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und im Rahmen des europäischen Rechts Lösungen entwickeln, um im Datenschutzrecht aufwändige Einwilligungslösungen für eine komfortablere Nutzung staatlicher Serviceleistungen durch unbürokratische Widerspruchslösungen zu ersetzen.


Die Datenschutzkonferenz (DSK) verankern wir im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), um gemeinsame Standards zu erarbeiten. Wir nutzen alle vorhandenen Spielräume der DSGVO, um beim Datenschutz für Kohärenz, einheitliche Auslegungen und Vereinfachungen für kleine und mittlere Unternehmen, Beschäftigte und das Ehrenamt zu sorgen. Auf europäischer Ebene wollen wir erreichen, dass nicht-
kommerzielle Tätigkeiten (zum Beispiel in Vereinen), kleine und mittelständische Unternehmen und risikoarme Datenverarbeitungen (zum Beispiel Kundenlisten von Handwerkern) vom Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung ausgenommen werden. Im Interesse der Wirtschaft streben wir eine Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen bei der Bundesdatenschutzbeauftragten an. Sie soll dann Bundesbeauftragte für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit sein.


2110    Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren
Wir werden den Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung gemeinsam mit den Ländern in der ersten Hälfte der Legislaturperiode vollständig umsetzen und unter anderem für Industrievorhaben weiterentwickeln. Zudem werden wir Stichtags-regelungen erweitern, die Ausweitung von Präqualifizierungen prüfen und neue Rahmengenehmigungen schaffen. In allen Fachbereichen, in denen eine frühzeitige Genehmigung ohne irreparable Schäden praktikabel erfolgen kann, wollen wir die sogenannte
Genehmigungsfiktion einführen.


Wir wollen einen Vorrang öffentlicher Belange im Planungsrecht verankern (Privilegierung von Planungsvorhaben), insbesondere bei Projekten der Daseinsvorsorge. Für Einwände, die im Verwaltungsverfahren nicht rechtzeitig vorgebracht wurden, setzen wir uns für die Einführung der materiellen Präklusion sowie für eine entsprechende Klausel im EU-Recht ein.



2.3. Digitales


2139   Deutschland – Digital. Souverän. Ambitioniert
Digitalpolitik ist Machtpolitik. Wir wollen ein digital souveränes Deutschland. Dazu werden wir digitale Abhängigkeiten abbauen, indem wir Schlüsseltechnologien entwickeln, Standards sichern, digitale Infrastrukturen schützen und ausbauen. Wir schaffen europäisch integrierte und resiliente Wertschöpfungsketten für Schlüsselindustrien, von Rohstoffen über Chips bis zu Hard- und Software.


2155   Deutschland digital, vernetzt und resilient
Unser Leitbild: eine vorausschauende, vernetzte, leistungsfähige und nutzerzentrierte Verwaltung – zunehmend antragslos, lebenslagenorientiert und rein digital (digital only) mit gezielten Unterstützungsangeboten. Eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung und digitaltaugliche Gesetze sind dafür der Schlüssel. Ländern und Kommunen wird die Nutzung folgender Lösungen ermöglicht, die prioritär
umgesetzt werden: Ein interoperabler und europäisch anschlussfähiger souveräner Deutschland-Stack integriert KI, Cloud-Dienste sowie Basiskomponenten. Bei dem Aufbau dieser Strukturen prüfen wir, ob europäische Anbieter bereits entsprechende Lösungsmodelle entwickelt haben. Nicht vertrauenswürdige Anbieter schließen wir künftig rechtssicher aus. Der Bund stärkt seine  Kerninfrastruktur, wie Netze und Rechenzentren. Die Deutsche Verwaltungscloud (DVC) wird mit souveränen Standards realisiert, die Austauschbarkeit sichern und unkontrollierte Datenabflüsse verhindern. 


Wir setzen die Registermodernisierung um, schaffen den Zugang zur Verwaltung über die automatisch bereitgestellte Deutschland-ID und die sichere eID/EUDI-Wallet. Automatisierung und KI nutzen wir umfassend. Den Staat machen wir zum Ankerkunden für die digitale Wirtschaft und wollen vorrangig private IT-Dienstleister zur Stärkung der digitalen Souveränität nutzen. Um die EUDI-Wallet soll sich ein Ökosystem entwickeln.


2171   Wir sorgen für unsere digitale Souveränität
Wir definieren Ebenen übergreifend offene Schnittstellen, offene Standards und treiben Open Source mit den privaten und öffentlichen Akteuren im europäischen Ökosystem gezielt voran, unter anderem mit dem Zentrum Digitale Souveränität (ZenDiS), der Sovereign Tech Agency, der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND). Dafür richten wir unser IT-Budget strategisch aus und definieren ambitionierte Ziele für Open Source. Wir verankern ein Datendoppelerhebungsverbot (Once-Only) und beseitigen Digitalisierungshemmnisse. 


Schriftformerfordernisse schaffen wir, wo immer möglich, mithilfe einer Generalklausel ab. 


Wir setzen auf datenbasierte Steuerung und Wirkungsorientierung, strategische Vorausschau, neue Formen der Zusammenarbeit und Personalgewinnung, offene Innovationen sowie eine Kultur, die für Experimentierfreude und Verantwortung steht. Mithilfe von
Digitalisierung gestalten wir Gesetze vollzugsfreundlicher und verständlicher. Dazu gehören Praxistauglichkeitstests, die Visualisierung von Strukturen und Prozessen sowie eine digitale Umsetzung und einheitliche Begriffe.


2224   Gesellschaft – digital kompetent, selbstbestimmt und inklusiv
Der souveräne, sichere und kritische Umgang mit digitalen Tools und Medien steigert die Resilienz unserer Gesellschaft, die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Wir starten deshalb eine altersübergreifende digitale Kompetenzoffensive. Hierfür nutzen wir die Vielfalt von Start-ups, Wirtschaft, öffentlichen Bildungsträgern und Sozialverbänden, um
innovative und nachhaltige Angebote für alle Bevölkerungsgruppen zu schaffen. In einer zunehmend vernetzten Welt gewährleisten wir allen die digitale Teilhabe und stärken die Barrierefreiheit. Wir bekämpfen Diskriminierung im digitalen Raum und schützen digitale Grundrechte. Grundsätzlich sichern wir die Vertraulichkeit privater Kommunikation und Anonymität im Netz.



2238   Kultur der Datennutzung und des Datenteilens
Wir wollen eine Kultur der Datennutzung und des Datenteilens, die Datenökonomie etabliert, auf Innovation setzt und Grund- und Freiheitsrechte schützt. Dafür beseitigen wir Rechtsunsicherheiten, heben Datenschätze, fördern Daten-Ökosysteme und setzen auf Datensouveränität. Wir schaffen die Grundlage, um Regelwerke, für die es sachgemäß ist, in einem Datengesetzbuch zusammenzufassen.


Wir verfolgen den Grundsatz „public money, public data“ und gewährleisten dabei durch Datentreuhänder Vertrauen in Datenmanagement und hohe Datenqualität. Wo es möglich ist, schaffen wir einen Rechtsanspruch auf Open Data bei staatlichen Einrichtungen. Wir schaffen eine moderne Regelung für Mobilitäts-, Gesundheits- und Forschungsdaten. Dabei wahren wir alle berechtigten Interessen. Wir fördern die breite Anwendung von Privacy Enhancing Technologies.






von Christoph Heck 31. März 2025
Wesentliche Themenfelder mit Auswirkungen auf das Management in Kommunalverwaltungen
von Christoph Heck 28. März 2025
Digitale Kassenprüfungen als continuous auditing Aufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung in Kommunen
Praisberichte zu ProM-Projekten in Kommunalverwaltungen (Process Mining in Kommunen)
von Christoph Heck 26. März 2025
ProM-Projekte mit Process Mining in Kommunen (ProM-Analysen)
von Christoph Heck 13. März 2025
Was sind "JET-Analysen" ? Suche nach Auffälligkeiten Zur Feststellung von Auffälligkeiten (z.B. Ausreißer oder Doubletten) werden gemäß IDW PH 9.330.3, Tz. 72 in der Praxis Analysen durchgeführt, die oft unter dem Begriff „Journal Entry Testing (JET-Analysen)“ zusammengefasst werden. Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen eignen sich sowohl zur Analyse des Kontrollumfelds als auch zur Feststellung von ungewöhnlichen Buchungen bzw. Merkmalen aus der Abbildung von Transaktionen. Bei festgestellten Auffälligkeiten sind weitere Prüfungshandlungen (insb. vertiefende Belegprüfungen) einzuleiten, um deren Ursachen anhand der zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle zu untersuchen. Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen liegt die Vorstellung zugrunde, dass die in einem Grund- oder Zeitbuch strukturierten Buchungssätze mittels digitaler Analysen zuverlässige Signale zu Fehlern oder Unregelmäßigkeiten (=Auffälligkeiten) eines computergestützten Buchführungsverfahrens vermitteln. Typische Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen sind Schichten-, Gegenkonten-, Wochentags-, Belegverarbeitungs- oder Ziffernanalysen. Zur Veranschaulichung der Vorgehensweise einer JET-Analyse wird gerne auch die „7-W-Regel“ herangezogen. Demnach sind die folgenden sieben „W-Fragen“ zu beantworten : Warum wurde gebucht (Verursachung, Rechtsgrundlage) Was wurde gebucht (Art des Geschäftsvorfalles)? Wer hat gebucht (User)? Wann wurde gebucht (zeitgerecht/Zeitpunkt/periodengerecht)? Wie wurde gebucht (Sammel-/Einzelbuchung, automatisch/manuell)? Wohin wurde gebucht (sachlich zutreffende Konten-Zuordnung)? Welcher Betrag wurde gebucht (Betragshöhe abstimmbar?)? Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen folgen grundsätzlich den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Datenanalysen. Demnach sind auch bei JET-Analysen die Hauptschritte Festlegung, welche Fehlerrisiken mittels Datenanalysen identifiziert bzw. in welchen Bereichen Datenanalysen eingesetzt werden sollen (=Analyseplanung) Definition der erwarteten Analyseergebnisse i.S.v. Vergleichs- und Erwartungswerten oder von Schwellen- und Toleranzwerten (Ergebniserwartung(en)) Aufgabendefinition und Auswahl der Analysemethode (=Projektmodell) Auswahl der für die Prüfungsdurchführung geeigneten Datenanalysewerkzeuge oder einer Kombination unterschiedlicher Analysewerkzeuge (IDEA/ACL, Excel, ActiveData Python, R, KNIME, ChatGPT, usw.) Bestimmung der für die Datenanalyse erforderlichen Datenquellen und Ansprechpartner Anforderung oder Bereitstellung der für die Datenanalyse benötigten Daten (Datenselektion) Abstimmung der erhaltenen Daten auf Richtigkeit, Vollständigkeit, Abdeckung des erforderlichen Zeitraums etc. (Validierung, Sichtprüfung) Aufbereitung der Daten für die Datenanalyse (z.B. durch Harmonisierung von Datenfeldlängen oder -formaten oder Erzeugung von Berechnungsfeldern) Durchführung und Dokumentation der eigentlichen Datenanalyse (Berechnungen) Interpretation des Ergebnisses der durchgeführten Datenanalyse in Bezug auf die zu treffenden Prüfungsaussag Zusammenfassung und Berichterstattung Qualitätssicherung und Dokumentation der Prüfungsdurchführung und der Prüfungsergebnisse in den Arbeitspapieren Der (erhoffte) Nutzen von Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen Das Potential der Massendatenanalyse in Form einer Journal Entry Testing bzw. JET-Analyse insbesondere auch für eine wirtschaftliche Prüfung zeigt das folgende Beispiel (vgl. Zeis,A.:, Kommunale Rechnungsprüfung, 6.A., 2023, S. 227): Geprüft werden soll, ob Gehaltszahlungen nur an Beschäftigte mit laufendem Beschäftigungsverhältnis geleistet werden. Die Aufnahme des Geschäftsprozesses hat ergeben, dass alle Beschäftigten in einer Stammdatenliste geführt werden. Jedem Beschäftigten wird vom System bei der erstmaligen Erfassung eine eindeutige, fortlaufende Personalnummer und eine Kreditorennummer zugewiesen. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens wird der Datensatz des Ausscheidenden vom Personalsachbearbeiter als "inaktiv" gekennzeichnet, dadurch wird automatisch die Kreditorennummer gelöscht. Die örtliche Prüfung beabsichtigt nun, u.A. durch den Abgleich aller Gehaltsüberweisungen im Prüfungszeitraum mit der Stammdatenliste zu Beginn und zum Ende des Prüfungszeitraumes Aussagesicherheit über 100 % der Grundgesamtheit zu schaffen oder im Falle von Abweichungen Ansatzpunkte für gezielte Einzelfallprüfungen zu generieren. Der Vorteil der Strategie sei, dass diese Prüfungshandlungen mit den Funktionen der Massendatenanalyse sehr schnell durchzuführen sind. Einzelfragen beim Einsatz von Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen Massendatenanalysen (Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen) verfolgen nach Zeis, A. (2023, S. 226) drei Grundfunktionen: • die Prüfung eines Datenbestandes im Hinblick auf Einhaltung bestimmter Kriterien und Vorgaben, • den Nachvollzug mathematischer Operationen und • den Abgleich unterschiedlicher Datenbestände. Massendatenanalysen ((Journal Entry Testing bzw. JET-Analysen) umfassen demnach im Einzelnen (Zeis, a.a.O, S. 230 ff.) Export und Import von Daten aus und in verschiedene Datenformate; Abgleich zweier Datenbestände bezüglich definierter Felder mit Ausgabe entweder nur der Übereinstimmungen in beiden Dateien oder der Datensätze in Datei 1 ohne Übereinstimmung in zweiter Datei bzw. der Datensätze in Datei 2 ohne Übereinstimmung in erster Datei. Dies erlaubt z.B. die Mehrfachbelegungsanalyse von Stammdatennummern oder eine Lückenanalyse; Zusammenführen von Datenbeständen, die identisch aufgebaut sind, also z. B. Zeiterfassungen eines Jahres mit denen anderer Jahre, um eine Analyse über mehrere Jahre durchführen zu können; Verknüpfen von unterschiedlich aufgebauten Datenbeständen mit Hilfe eines gemeinsamen Feldes, z. B. das Kreditorenkonto aus dem Journal mit den Informationen zum Kreditor aus der Kreditorenstammdatenliste; Extraktion von Daten, die bestimmte Kriterien aufweisen (Beträge, Daten, auch Spannen); Sortieren und Indizieren z. B. erst nach Buchungsmonat, dann nach Kreditor und schließlich nach Betrag; Gruppieren nach identischen Merkmalen und Zwischensummen bilden; Feldstatistik: welche Werte enthält das Feld, Maximum, Minimum, Mittel; Schichtung: Einteilung von Daten in Schichten und Bandbreiten mittels Ober- und Untergrenzen und Schrittgrößen; Berechnungen mittels Formeln auch aus mehreren Feldinhalten vornehmen und berechnete Felder mit Datensatzelementen vergleichen; Mit Hilfe von Pivot-Tabellen können Funktionalitäten wie Extraktion, Sortieren und Gruppieren und Berechnen kombiniert werden; das macht die Darstellung großer Datenvolumina in überschaubarer Form und komplexere Abfragen möglich (Umsätze mit einem Debitor nur im Mai und über der Schwelle von 1.000 Euro); Die Drill-Down-Funktion ermöglicht den Sprung von der Gruppe zum einzelnen Datensatz.
von Christoph Heck 13. März 2025
Aufbau individueller Fähigkeiten rund um das Datenmanagement
von Christoph Heck 10. März 2025
Gefährdung der stetigen Aufgabenerfüllung einer Kommune durch Verlustvorträge?
von Christoph Heck 27. Februar 2025
Das Land NRW beabsichtigt Kommunen mit besonders hohen Liquiditätskrediten teilweise zu entschulden. Ziel ist es, dass nach der Entschuldung keine Kommune mehr als 1.500€ Kassenkredite pro Einwohner hat. Dafür werden über die nächsten 30 Jahre jeweils 250 Mio Euro Bereitgestellt.
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